DIE HABSBURGISCHE KOLONISATION
THE
HABSBURG COLONISATION
LA
COLONISATION HABSBOURGEOISE
Quellen Resources Sources
Inhalt Contents Table des matières
Einführung - Introduction
Die Herrscher des aufgeklärten Absolutismus in Preußen, Rußland und Österreich förderten im 18. Jahrhundert insbesondere die "Innere Kolonisation". Dieser lag die staatswirtschaftliche Theorie des Merkantilismus zu Grunde, nach der Macht und Reichtum eines Staates durch eine möglichst große Untertanenzahl zu erreichen sei.
So wurden unter Friedrich dem Großen die Oder-, Warthe- und Netzebrüche trockengelegt sowie Straßen und Kanäle gebaut; etwa 900 Dörfer mit über 300.000 Neusiedlern wurden errichtet.
Die russische Zarin Katharina die Große siedelte deutsche Bauern an der Wolga, auf der Krim und in anderen Teilen Südrußlands an, deren Nachkommen nach einem unsäglichen Leidensweg aus Rußland, Kasachstan, Kirgisien usw. in die Heimat ihrer Ahnen zurückstreben.
Auch die habsburgischen Kaiser Leopold I., Karl VI., Maria Theresia und Joseph II. brachten etwa 200.000 Bauern und Handwerker vornehmlich aus den süd- und südwestdeutschen Gebieten in ihre neuen von den Türken freigewordenen südungarischen Territorien. Diese Kolonisten und ihre Nachkommen werden seit 1922 unter dem Namen Donauschwaben zusammengefaßt. Auch ihnen war nach dem Zweiten Weltkrieg der Leidensweg der übrigen ost- und südosteuropäischen Deutschen nicht erspart geblieben.
In der kleinen nachfolgenden Sammlung werden Transskriptionen einiger für die habsburgische Kolonisation bedeutsamer Originalquellen vorgestellt.
Donauschwäbische
„Magna Charta“ unter Karl VI.
The
"Magna Charta" of the Danube Swabians under Emperor Charles VI.
Mit dem Impopulationsartikel aus dem Jahre 1723 wurde die Wiederbesiedelung nach den Türkenkriegen zu einer Forderung des Landes bzw. der ungarischen Stände, die Gesetzeskraft erhielt. Damit kann er als "Magna Charta" der donauschwäbischen Kolonisation angesprochen werden. Alle späteren Ansiedlungen bauen verfassungsmäßig auf diesem Artikel auf. Der Originaltext ist lateinisch, hier folgt die deutsche Übersetzung:
Dekret II. von 1723,
Art. 103: De Impopulatione Regni
Die
Wiederbesiedelung des Landes
Repopulation
of the Kingdom
Emperor Charles
VI., Decree II. of 1723, article 103
Seine Hoch Geheiligte Majästet wird gütig erlauben, daß freie Personen jeder Art ins Land gerufen werden, die von jeder öffentlichen Steuer für sechs Jahre zu befreien sind und daß diese Freiheit im ganzen Land verkündet werden kann.
§ 1. Damit aber Patente im Heiligen Römischen Reich und auch in anderen benachbarten Ländern und Provinzen Seiner Hoch Geheiligten Majästet in diesem Sinne bekannt gegeben werden können, möge Seine Majästet mit den Ständen besagten Heiligen Reiches, der benachbarten Länder und Provinzen zusammen in Erwägung ziehen.
§ 2. Auch die neuerworbenen Güter sollen gemäß Artikel 19 denjenigen Familien in der dort erklärten Weise zurückgegeben werden, denen sie erwiesenermaßen gehören.
§ 3. Seine Hoch
Geheiligte Majestät wird bei der Verleihung von fiskalischen Gütern
denjenigen Personen, die sich große Verdienste erworben haben, seine
besondere Aufmerksamkeit schenken.
Wien, den 25. Februar
1763 / Kurzfassung
Kolonisationspatent
Maria Theresias
Commission
of Colonisation of Empress Maria Theresia
Vienna, February
25, 1763
Worin unterm 25-ten Febr. 1763 herausgegeben und bey denen Kayserl. und Königl. Armeen allergnädigst publicirten Patenten in Unseren hiesigen Erbkönig Reichen und Landen genügsamen, an sich fruchtbaren, doch der Zeit noch zum behörigen Genuß gebrachte Gegenden Vorhanden seyend, alwo mann einen Jeden, so sich Erlich zu ernährend Verlanget, hiezu das nötige an Hand zu geben beflissen seyn wird.
Die dann allen solchen
läuthen, welche sich auf ein neu anstiftendes Hauß niederzulassen
gedenken, die 6-jährige Steuer Freyheit anmit zugesagt und versprochen
wird. Jenen hingegen, welche in Hungarn, Siebenbürgen und Temesvarer
Banath sich ansiedeln wollen, werden Grundstücke und so auch das Holtz
zum Bauen ohnentgeltlich angewiesen, annebst ihnen zum ersten Anbau aller
hülflicher Baystand geleistet und eine 6-jährige Freyheit von
aller Contribution und Steuer denen dahin abgehen; den Professionisten
aber eine 10-jährige Freyheit zugestanden werden; wie dann gleichermaßen,
wann einige der Catholischen Religion zugethane Lußt zum Militär-Gränitz-Stand
trügen, wir diese in dem Banath mit denen gleichen Beneficien und
Genuß deren dasigen Banath-Gränitzern, mithin auch mit denen
für diesen Stand ausgemessenen Grund-Stücken mildest begaben
lassen wollen.
Wien, den 21.
September 1782
Ansiedlungspatent
Josephs II.
Commission
of Settlement of Emperor Joseph II.
Vienna, September
21, 1782
Wir Joseph der Andere, von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Ungarn, Böhmen, Galizien und Lodomerien etc. thun hiermit Jedermänniglich kund; daß Wir in unsern Königreichen Ungarn, Galizien und Lodomerien viele unbesetzte, leere und öde Gründe besitzen, welche Wir gesonnen mit Deutschen Reichsgliedern, besonders aus dem Ober-Rheinischen Kreise, anzusiedeln. Zu dem Ende versprechen Wir, bei unserer angebohrenen kaiserl. königl. Parole allen zu uns wandernden Reichs-Familien, deren Wir viele Tausende an Ackersleuten und Profeßionisten benöthiget sind:
Erstens: Eine gänzlich vollkommene Gewissens- und Religions-Freyheit; wie auch jede Religions-Parthey mit denen benöthigten Geistlichen, Lehrern, und was darzu gehöret auf das vollkommenste zu versorgen.
Zweitens: Eine jede Familie mit einem ordentlichen neuen nach Landes-Art geräumigen Haus, nebst Garten zu versehen.
Drittens: Die Ackersleute mit dem zu jeder Familie erforderlichen Grund, in g u t e n Aeckern und Wiesen bestehend, wie auch mit dem benöthigten Zug- und Zucht-Vieh, dann Feld- und Haus-Geräthschaften zu beschenken.
Viertens: Die Profeßionisten und Tagwerker hingegen, haben sich blos deren in der Hauswirthschaft nöthigen Geräthe zu erfreuen: wo nebstbei aber denen Profeßionisten für ihre Handwerks-Geräthe anzuschaffen 50 Gulden Rheinisch im Baaren ausgezahlt werden.
Fünftens: Der älteste Sohn von jeder Familie ist und bleibt von der Militär-Rekrutierung befreyet.
Sechstens: Jede Familie erhält von Wien aus freie Transportierung bis auf Ort und Stelle der Ansiedlung, wozu die benöthigten Reisegelder ausgezahlt werden; darnach dauert die Verpflegung noch so lange fort, bis die Familie im Stande ist, sich selbsten zu ernähren. Sollte aber nach dieser Unterstützungs-Frist eine oder andere Familie in ein unverschuldetes Unglück gerathen, so wird gegen dreyjährige Rückerstattung aller Vorschub geleistet.
Siebentens: Um die neuen Ankömmlinge, welche auf der Reise, oder wegen Veränderung des Klimas, oder auch auf sonstige Weise erkranken, möchten, so geschwind als möglich in ihren vorigen gesunden Zustand zu versetzen, werden Spitäler angelegt, um dieselbe darinnen auf das sorgfältigste unentgeltlich zu verpflegen.
Achtens: Endlich wird diesen Reichseinwanderern von dem Tag ihrer Ansiedlung an, durch ganze zehen Jahre die Freyheit zugesichert; binnen welcher Zeit solche von allen Landes- und Herrschafts-Steuern, Abgaben und Lasten, wie sie auch Namen haben möchten, gänzlich befreyet seyn, und verbleiben sollen: Nach Verlauf dieser zehen Frey-Jahre aber sind sie verbunden eine leidendliche landesübliche Steuer-Abgabe, so wie andere Landes-Einwohner, zu entrichten.
Welchen Entschluß und Willensneigung Wir zur Steuer der Wahrheit mit Urkund dieses, besiegelt mit Unserm K. K. aufgedruckten Sekret-Insigel bestätigen, so gegeben Wien am ein und zwanzigsten September, Anno siebenzehnhundert zwei und achtzig. Unserm Reiche des Römischen im neunzehnten, des Ungarischen und Böhmischen im zweyten.
J o s e p h .
(L.S.)
ut K. Fürst
Ad Mandatum Sacrae
Colloredo mppria.
Caesareae Majestatis
proprium.
Ign. v. Hofmann.
Kolonistenpaß
des Georg Hotz
(Transskript des lateinischen
Originals)
Comes
Carolus Palffy ab Erdöd Perpetuus in Vöröskeö Aurei
Velleris ac una Insignis Ordinis Sancti Stephani Regis Apostolici
Magnae Crucis Eques, Curiae Regiae per Hungariam Magister, Comes Posoniensis;
I. Comitatus Nominis ejusdem perpetuus Supremus Comes, Arcisque Regiae
Posoniensis Haereditarius aeque ac Supremus Capitaneus, Sacratissimae Caesareo-Regiae
& Apostolicae Majestatis Camerarius & actualis intimus Status Consiliarius,
per Inclytum Regnum Hungariae Aulae prout & dicti Insignis Ordinis
Sancti Stephani Regis Apostolici Cancellarius; Universis & singulis
antelati Regni Hungariae Comitatuum, Liberarumque & Regiarum Civitatum,
Oppidorum item privilegiatorum Magistratibus, nec non Praesidiorum
commendantibus & Praefecturis militaribus, sed & alterius cujuscunque
Status, gradus, Conditionis & Praeeminentiae Hominibus Praesentes visuris,
lecturis, aut legi audituris amicam respective Officiositatem, Salutem,
& omne Bonum: Siquidem Exhibitor Praesentium
G e o r g i u s
H o t z
sine proficisci intenderet, eatenusque semet salvi Passus Literis, ne Idem in Itinere suo alicui Incommoditati aut molestiae exponatur, provideri supplicuisset; Hinc Universos & spatio, quossupra officiose requirendos duxi, quatenus praefat..... Georgium Hotz ..... specificati .....; spatio sex hebdomadarum per Regnum Hungariae ubique libere, & ..... omni Impedimento ire; morari, & redire permitter..... ..... eos quorum in..... permitti facere ..... ..... ..... sive in P..... seu in rebus suis molestia aut iniuria afficiant, & a .....opiam affici permittant. Praesentibus perlectis Exi..... ..... ..... .....ducali Civitate Vienn..... .....triae die 15´ Mensis Dec. Anno Domini Millesimo Octingentesimo Tertio
Comes Carolus Palffy
Passuales pro Georgio Hotz Sigismundus Ranffy m.p.
Kolonistenpaß des Georg
Hotz
(Übersetzung aus dem Lateinischen)
Graf Karl Palffy von Erdöd,
Herr von Vöröskeö, Ritter des Goldenen Vlieses und
Großkreuzes des St. Stefansordens, weiland apostolischen Königs,
Magister der königlichen Kurie für Ungarn, Graf von Preßburg;
erblicher Obergespan des I. Komitats gleichen Namens, Erbkastellan und
Burghauptmann der königlichen Burg zu Preßburg, seiner erhabenen
kaiserlich-königlichen und apostolischen Majestät Kämmerer
und wirklicher Geheimer Rat, Kanzler a latere der allerhöchsten Hofhaltung
des Königreichs Ungarn und der Ordensballei des Hl. Stefan, weiland
apostolischen Königs; entbietet hiermit allen und jedem Einwohner
der Komitate des Königreichs Ungarn, der freien und königlichen
Städte, sowie allen Amtspersonen der Gemeinden mit eigenem Statut
und zwar sowohl deren Vorsitzenden der Zivilverwaltung als auch allen Militärpräfekten
unbeschadet ihres Standes, ihres Dienstgrades, ihres Berufes und Charakters,
soweit sie Gegenständliches sehen, lesen oder vorgelesen erhalten,
seine Wohlaffektioniertheit, seinen Gruß und alles Gute: indem durch
das Gegenständliche dem
G e o r g H o t z
sowie dessen Ehefrau Daniela Hießler und deren sechs Kindern
damit der Genannte die Wohltat genieße,
aufgrund dieses Passierscheines auf seiner Reise keinerlei Belästigung
oder Abträglichkeit ausgesetzt zu sein; zu welchem Behufe männiglich,
wie im Obigen angeführt, verhalten, sei dem G e o r g
H o t z und seiner oben angeführten Begleitung für den
Zeitraum von sechs Wochen zu gestatten, im Königreich sich aufzuhalten
und frei von jeder Behinderung zu gehen, zu verweilen und zurückzukehren.
Zu welchem Behufe alle, die es angeht, ihm jegliche Bewilligung erteilen
mögen, auf daß er weder in seiner Person, noch in seinen Angelegenheiten
irgend einer Belästigung oder irgend einem Schaden ausgesetzt sei,
und daß er kein Unrecht erleiden möge von welcher Seite auch
immer. Gegenständliches Dokument ist dem Vorzeiger nach Einsichtnahme
zurück-
zustellen. Gegeben am Sitz unseres erzherzoglichen
Amtsbereichs in der Stadt Wien am fünfzehnten Tage des Monats Dezember
im Jahre des Herrn tausendachthundertunddrei (15.12.1803).
Graf Karl Palffy
(Rückseite:) Hat sich in Ansehung seines umseitigen Aufenthaltsweistums gemeldet, welcher ihm auf 4 Wochen gestattet wird
Apatin, am 22. Jänner 1804
Reindl m.p., Verwalter