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Vom schweren Leben im dunklen Forst

Vom schweren Leben im dunklen Forst Regionalgeschichte: Beim Odenwald-Forum berichtet Heidi Banse über die Arbeit der Köhler, Harz- und Pechbrenner

HUMMETROTH. Details über die Arbeit der Köhler, Harz- und Pechbrenner im Odenwälder Forst erfuhren die Besucher beim Odenwald-Forum des Lützelbacher Geschichtsvereins von Heidi Banse (Michelstadt). In einem mit vielen Bildern ergänzten Referat beleuchtete sie nicht nur ein Stück Kulturgeschichte der Region, sondern nannte auch die Familiennamen der einst in den Waldungen arbeitenden Personen. Deren Tätigkeit als Zulieferer für das Zentrum der lokalen Montanindustrie, den Unteren Hammer bei Michelstadt, fand bisher in der Aufarbeitung der Regionalgeschichte weniger Beachtung – im Gegensatz zu den früher im Odenwald tätigen Bergleuten und Hammerschmieden, deren Schaffen sich Heimatkundler speziell in den vergangenen Jahren verstärkt zugewandt haben. Banse verwies auf eine Schenkungsurkunde der Mark Heppenheim an das Kloster Lorsch aus dem Jahr 773, in der eine „Arezgrefte“, eine Erzgrube, im Bereich Weschnitz-Erzbach erwähnt wird. Dies sei nicht nur der erste urkundliche Beleg für den Bergbau im Odenwald, sondern die erste Nennung eines Bergbaugebietes, so die Referentin. Das Erz dieser frühen Gruben sei an Ort und Stelle in kleinen Waldschmieden geschmolzen und gleich verarbeitet worden. Jahrhunderte später sei recht bald nach Ende des Dreißigjährigen Krieges die Eisenverarbeitung auf dem Michelstädter Hammer wieder aufgenommen worden. In der Folge entstanden demnach in den umliegenden Wäldern viele Arbeitsplätze, die Menschen aus verschiedenen Teilen Europas anlockten. Zudem besagen Berichte, dass schon im 16. Jahrhundert große Mengen Brennholz aus dem Odenwald durch den Neckar und Rhein bis nach Bingen geflößt wurden. Der Holz- und Holzkohlebedarf zum Betrieb der Schmelzöfen in den Eisenhämmern sei beträchtlich gewesen. Die Umsätze in den Eisenhämmern müssen ebenfalls ansehnlich gewesen sein, so Banse. Laut alten Unterlagen war zum Wechsel des 16. auf das 17. Jahrhunderts auf dem Michelstädter Eisenhammer der aus Colberg in Pommern stammende Heinrich Lieveherr als Hammerfaktor tätig. In seinem Eisenhammer, in dem zu jener Zeit auch Pflugscharen und Granaten hergestellt wurden, erzielte er im Jahr 1620 Einnahmen von 4690 Gulden. Gleichzeitig betrugen die jährlichen Gesamteinnahmen des Amtes Michelstadt nur 760 Gulden. Viele Details über Bewohner und deren Arbeit als Holzhauer, Köhler und Pottaschesieder zitierte die Referentin aus dem zweiten Michelstädter Kirchenbuch, das Daten aus der Zeit von 1666 bis 1728 enthält. Da diese Bevölkerungsgruppen in den Waldungen nicht nur arbeiteten, sondern auch unter primitivsten Verhältnissen wohnten, kamen auch Kinder im Wald zur Welt, die oft bald verstarben. Während Heidi Banse in ihrem Referat insbesondere das Geschehen in der Grafschaft Erbach ansprach, wurde in der intensiven Aussprache deutlich, dass die Verhältnisse in der Gemeinherrschaft Breuberg ähnlich waren. So verlas der Höchster Kirchenarchivar Karl-Heinz Jungermann einen Kirchenbucheintrag, Darin ist vermerkt, dass am 16. Januar 1714 die Ehefrau Barbara des im Höchster Centwald tätigen Pottaschenbrenners Karl Grund im Centwald drei Söhne zur Welt brachte. Da ihr dabei nur ihr achtjähriges Kind zur Seite stand, starb während der Geburt des dritten Kindes bereits das erste Söhnchen. Eine Ergänzung fanden die Ausführung der Referentin mit einer Exkursion im Erbacher Stadtteil Bullau. Dort ging es unter der Führung fachkundiger Informationen von Günter Schwöbel zu den Kohlplatten um Bullauer Wald. Zu Beginn des Odenwald-Forums hatte Herbert Koschorrek über geschichtliche Daten zum Tagungsdatum informiert und Heide Banse as einem alten Zeitungsband von 1090 zitierte.

08. Oktober 2009 | gi

Darmstädter Echo 08.10.2009

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