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Der Staatssekretär Michel Müller
(Sohn von Person 35.970)


Im Jahr 1613 starb einer der interessantesten Männer, die jemals im Dorf Schwenningen geboren wurden. Michael Müller, der unter dem Namen "Fenderich" schon als Student in Jena, Straßburg und Tübingen bekannt wurde, vermutlich, weil sein Urahn Fähnrich beim Landesaufgebot gewesen war, kam 1573 als Sohn ver­mögender Bauersleute zur Welt. Sein Vater war Mitglied des Dorfgerichts und ließ seinen Sohn erst bei seinem Bruder in die örtliche Schule, dann auf verschiedene Latein­schulen in Villingen, Tübingen und Amberg gehen. Dann durfte er Jurisprudenz studieren. Er promovierte zwar nicht zum Doktor, aber der Spezialsuperintendent Dr. Löher bestätigt ihm bei seiner Grabrede, "das er Gradum Doctoribus mit besonderem Lob hette einnemen könden." Er trat nach seinem Studium zunächst in fremde Staats­dienste und bereiste Frankreich und Italien. Dann wurde er Präzeptor beim jungen Pfalzgrafen bei Rhein und durchreiste mit diesem wieder die beiden Länder und Schweden. Dabei bewährte er sich so, daß er vom Bruder des Pfalzgrafen als Landschreiber in Lauteneck angestellt wurde. Und wieder zeichnete er sich dabei aus und wurde mit verschiedenen Gesandtschaften be­auftragt. Schließlich wurde er Staats­­sekretär beim Herzog Julius Friedrich von Württemberg wegen seiner Auslandserfahrung und seiner Sprachkenntnisse. In Begleitung des Herzogs nahm er an den Feldzügen im Elsaß
 

Michael Müllers Leichenpredigt 1613
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Signatur LP 4131

und in den Niederlanden teil, und nach Beendigung des Kriegs reisten sie weiter durch Holland und Deutschland. In den folgenden Jahren war er in Österreich, Ungarn, Böhmen, Polen, Preußen, Dänemark, England und Frankreich tätig, fuhr dann durch Italien nach Neapel, Sizilien und der Insel Malta, war auch in verschiedenen Städten Afrikas und Asiens und starb auf seiner Rückreise in Florenz. Der Herzog ließ den Leichnam nach Stuttgart überführen, und dort wurde er unter Anwesen­heit des ganzen Hofes in der Spitalkirche beigesetzt. Dr. Löher hielt eine lange und gelehrte Predigt an seinem Grab und pries des Verstorbenen Frömmigkeit, Glaubenseifer, Gottesfurcht, vorbildlichen Sittenwandel und Nächstenliebe. Als Beispiel dafür nannte der Geistliche die drei Verwandten des Toten, die er auf seine Kosten studieren ließ. Unter diesen war auch sein Neffe Christian Bentzing, Sohn von Fenderichs Schwester Margarete vom Münchhof, der nachher Stadtpfarrer in Besigheim wurde.

Entnommen: Benzing, Geschichte eines Grenzdorfes, Seite 179 ff.

 
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