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Vinzenz Fels (ca. 1500 - 1563) - Kaufmann in Konstanz


(Ausarbeitung von Herrn Dr. Heribert Marx, Darmstadt)

 
Vincenz wurde um 1500 in Sommarèse im Aosta-Tal als Sohn des Pantaleon de Clapey geboren. Vermutlich bot die Bergbauernwirtschaft nur begrenzte berufliche Chancen, so dass seine beiden älteren Brüder Michael und Martin ein Handelsgeschäft gegründet hatten und sich in Konstanz ansiedelten (1515 bzw. 1525). Sie folgten darin dem Beispiel, das weitere Mitglieder der Sippe de Clapey schon früher gegeben hatten, die in Bern und Stein am Rhein als Kaufleute zu Wohlstand und Ansehen gelangt waren. Genaue Angaben über die Verwand­schafts­verhältnisse lassen sich nicht machen. Bemerkenswerterweise hatten diese sich schon im vorangehenden Jahrhundert ebenfalls in Fels umbenannt.
 
Konstanz war schon seit Römerzeiten und das ganze Mittelalter hindurch ein ausgesprochen günstig gelegener Umschlagsplatz für Handel und Verkehr, mit seiner Brücke über den Rhein, kombiniert mit den Wasserwegen über den Bodensee. Schon 1414 - 1418 hatte das berühmte Kaufhaus als Tagungsort des Konzils gedient. Mit ca. 5000 Einwohnern nahm es bei den europäischen Städten einen bedeutenden Rang ein.
 

Das 1388 erbaute Kaufhaus von Konstanz diente früher als Lagerhaus im Italienhandel.


In der damaligen Zeit war Zusammenarbeit zwischen Geschwistern und nahen Verwandten Grundlage erfolgreicher Firmen, weil man sich die Arbeit so teilen konnte. Neben Warenlager und Kontor für Absatz und Buchhaltung mussten die Kaufleute ihre Ferntransporte in der Regel selbst überwachen und gegebenenfalls auch gegen Räuber mit eigener Hand verteidigen. Sie ritten, möglichst im Konvoi, mit den Maultierkolonnen, oder wo die Straßenverhältnisse das erlaubten, mit Wagen, und hatten ihre Degen umgehängt. Wenn sie nun so Wochen oder Monate unterwegs waren, ergab sich die Zweckmäßigkeit einer verläßlichen Partnerschaft am Ort von selbst.

Wahrscheinlich hat Vincens seine Aufgabe im Familienbetrieb zunächst einmal bei den Reisen gehabt. Er sei ein „starker vierschrötiger Mann“ gewesen, schreibt sein Urenkel Heinrich im Felsischen Hausbuch, der sich „in zwei Feuersbrünsten zu Konstanz gar männlich gehalten habe“.

Im Jahre 1533 nahm er festen Wohnsitz in Konstanz und erwarb dort das Bürgerrecht: Im Ratsprotokoll heißt es: „Vincentz von Clapey gen. Fels, Michael Felß elicher pruder, ist burger worden, hat Kundschaft für sich selbs. Er hatt kain Wib. Gehört in Rosgarten. Acta ultimo marty“ (Bürgerbuch von Konstanz).

Dabei ist Kundschaft als Personalausweis zu verstehen. Alle Bürger mussten zu einer Zunft gehören, er hatte diejenige Zum Rosgarten gewählt, in der sich die Kaufleute vereinten.

 

Der Zunftsaal im Hause „Zum Rosgarten“

 
Das Vermögen des Vinzenz betrug zu dieser Zeit 4000 Pfund Heller. Die Grundlagen einer Eheschließung waren gegeben, so daß er sich am 25.11.1533 mit Elsbeth Schmidhauser aus Hessenrüty bei Sulgen in der St. Gallischen Gerichtsherrschaft Bürglen verheiratete.

1549 kaufte er von seinem Bruder Michael das Haus „Zum schwarzen Horn“, heute Marktstätte 26, für 780 Gulden bar. Dabei könn­te es wohl sein, dass er schon vorher dort gewohnt hat. Im 19. Jahrhundert ist das Haus mit dem Nachbaranwesen Zum gelben Horn vereinigt worden, vom alten Aussehen ist nichts erhalten.

  Das Ehepaar Vincenz und Elsbeth hatte fünf Kinder:
1) Barbara, *24.08.1534, † 1536
2) Barbara, * 28.07.1536, ¥ Kaufmann Leonhard Olion, der gleichfalls aus dem Aosta- Tal stammte
3) Peter, *06.12.1537
4) Elsbeth, *28.09.1539, ¥ Jacob Regel, Bernd
5) Vincens, *1541, † 1548
   
 
Frau Elsbeth starb bald nach dieser letzten Geburt (1542), nach heutigen Begriffen in der Blüte ihrer Jahre. Ihr Mann schloss danach keine neue Ehe.

Das Zunftwappen-Relief im
Haus zum Rosengarten

 
Das Geschäft lief offensichtlich erfolgreich, was man an den Steuerveranlagungen ablesen kann: die Einschätzung der beweg­lichen Habe stieg fortwährend bis zu einem Höchststand von 16.845 Pfund Heller im Jahre 1555. Gleichzeitig wurde Haus- und Grundbesitz höher bewertet, von 540 auf 1800 Pfund Heller bei seinem Tode. Zusammengenommen sind das 18.645 Pfund, umgerechnet *2) 4.474.800 Heller. Bei der Kaufkraft des Hellers würde man Vincens auch heute als Multimillionär ansehen
 
Das Leben von Vinzenz Fels wurde durch den großen Wandel der Reformation mit bestimmt. Auch die Bürger von Konstanz schlossen sich dem neuen Glauben an und vertrieben den Bischof Johannes. Wenn man dem Bericht des Zeitgenossen Vögelin vertrauen kann, so war dieser ein wandelnder Beweis für die Berechtigung so vieler Kritik an der alten Kirche. "Wohl sei er gelehrt und wohlbe­redt gewesen, aber in seinem Lebenswandel ein grosser Hurenführer und Säufer, der auch Jungfrauen, Klosterfrauen und Ehe­weiber nicht verschonte. Einen besseren Trinker habe man nie gesehen; keinen Tropfen habe er verschüttet, und nichts ließ er im Glas oder Stutzen, wenn er auch schon betrunken war." *3)
 
Im Spannungsfeld der Parteien schloss sich Konstanz dem Schmalkaldischen Bund der evangelischen Fürsten und Reichs­städte ab und versuchte sich zusätzlich durch einen Vertrag mit Zürich zu sichern. Diese mächtige Stadt unterlag aber selbst 1531 in der Schlacht von Kappel der katholischen Liga in der Schweiz. Als sich der genannte Bund 1547 auflöste und die meis ten Mitglieder einen Kompromissfrieden mit Kaiser Karl V. aushandelten, hoffte Konstanz zunächst die Eigenständigkeit wahren zu können. Der Kaiser verlangte aber eine Unterwerfung und verhängte zunächst eine Wirtschaftsblockade, dann die Reichsacht.
 
Eine spanische Armee von etwa 3.000 Mann unter dem Befehl des Neapolitaners Alfonso Vivez marschierte gegen Konstanz und versuchte sie durch einen Sturm am 6. August 1548 zu nehmen. Der Oberst schwor, nichts zu essen, bis dass die Stadt ein Koh­lenhaufen wäre. Aber schon kurz nach seinem Signal zum Angriff fiel er selbst im Kampf.
 

Konstanz aus der ,Vogelschau.
J. Stumpf. Gemeiner löblicher Eydgenossenschaft Stetten, Zürich 1547/48.

 
Die Kaiserlichen eroberten zunächst die Vorstadt Petershausen (nördlich des Rheins auf dem Bodanrück, in der Abbildung rechts). Dort wäre Vincens ihnen fast in die Hände gefallen. Als nun etliche Bürger zu Peterhausen in ein Schiff gesprungen, um sich in die Stadt zu retten, ist Vincens zu spät gekommen, da das Schiff schon von Land war. Da habe er seinen Spieß in das Schiff gestochen, mit solcher Stärke, dass er also an dem Spieß hangend über den Rhein kam.

Sie wurden durch die Strömung abgetrieben, kamen aber glücklich am Schottentor in die Stadt. Sogleich eilte Vincens an den Brennpunkt des Kampfes, an das Tor der Rheinbrücke. Er wurde aber durch einen herabfallenden Balken - einem Trumm - am Kopf schwer verletzt. Die Spanier wurden schließlich abgeschlagen, verbrannten aber Peterhausen.

 

Der Turm des Rheintors in Konstanz

 
Die Konstanzer sahen sich aber bald durch Blockade und Reichs­acht in einer unhaltbaren Lage und zur Kapitulation gezwungen. Am 13. Oktober 1548 marschierte eine starke kaiserliche Truppe (darunter viele Bregenzer) über die Brücke in die Stadt, Trommler und Pfeifer voran. Konstanz verlor seine Selbständigkeit als freie Reichsstadt und wurde österreichisch. Der Bischof (ein Nachfolger des Erwähnten) kehrte in die Stadt zurück und betrieb unter dem Schutz des kaiserlichen Statthalters mit allen Mitteln eine Gegenreformation.
 
In einer Beschwerde des Rates über den Stadthauptmann heißt es, er drangsaliere die Protestanten mit Drohungen, Hausdurchsuchungen, Vorladungen und Geldstrafen, lasse Bürger und arme alte Frauen gefesselt ins Gefängnis führen, ihre Güter durch Soldaten beschädigen.
 
Wie sich nun Vincens mit der neuen Ordnung zurecht gefunden hat ist nicht dokumentiert. Er blieb aber mit seinen Brüdern in Konstanz und führte das Handelsgeschäft weiter. Er hat sich mit den neuen Machtverhältnissen insoweit arrangiert, als er sich 1557 von Kaiser Ferdinand I. in Wien eine Wappenbestätigung ausstellen ließ. Bereits 1452 hatten Mitglieder der Familie in Bern das Wappen von Kaiser Friedrich III. verliehen bekommen.
 
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