Altersversorgung und Erbrecht
entnommen aus: Wilhelm Hakenjos, Chronik Stockburg, Stadt St. Georgen 1998 S. 121
Das bäuerliche Arbeitsleben endete meist um das 60. Lebensjahr. Wer viele Jahrzehnte schwere körperliche Arbeit, dazu vielleicht Kriegswirren und Mißernten überstanden hatte, war in der Ausdrucksweise früherer Zeit "ein alter, abgelebter Mensch", andere waren schon früher, wie es in einem Inventar von 1672 formuliert wurde, "aus diesem mühsamen, vergänglichen Jammertal zur ewigen Freud und Seligkeit abgefordert worden".
Die Übergabe des Hofs an den Hofnachfolger geschah im Beisein des Amtmannes, des Vogts, Vertretern des Dorfgerichts und natürlich aller in Frage kommenden Erben oder deren Vertretern und konnte frühestens nach Vollendung des 58. Lebensjahres erfolgen, es sei denn, Krankheit oder andere Umstände machten eine frühere Übergabe erforderlich. In einem Dokument, dem Kauf- und Leibgedingvertrag, wurde das Ergebnis der Verhandlungen schriftlich festgehalten.
Der Hofnachfolger mußte an den Vorbesitzer den sog. "Kaufschilling" bezahlen, einen freundschaftlichen Preis, der nicht dem tatsächlichen Wert des Hofguts entsprach und der sich um seinen Anteil am Erbe entsprechend ermäßigte. Dazu kam eine sehr detaillierte Aufstellung von Leistungen, zu denen der Hofnachfolger "ad dies vitae", also bis zum Lebensende der Verleibgedingten verpflichtet war. Sie betrafen:
- | das Wohnrecht |
- | Nutzungsrechte an Grund und Boden, auch Obstbäumen- Sachleistungen in Form von Getreide, Eiern und Speck |
- | Dienstleistungen wie Backen, Waschen, Pflegen |
- | die Stellung von Fahrnis |
- | die Sicherstellung von Leben und Eigentum im Kriegsfall. |
Diese Leistungen waren notfalls einklagbar und behielten ihre Gültigkeit auch bei einem Besitzwechsel, da sie an den Besitz des Hofes und nicht an Personen gebunden waren.
Beispiel eines Kauf- und Leibgedingvertrages aus dem Jahre 1617 |
Martin Hackenjoß allda verkauft
freiwillig und mit amtlichem Zulassen seinem jüngsten
Sohn Georgen sein bisher ingehabtes, dem Kloster St.
Georgen zins- und gültbares Hof- und Lehengut allda zu
Stockburg samt eingehörigen Stücken und Gütern, item einen dritten Teil Wassers zur Säg- und Mahlmühlen, dasselbige zur Wässerung oder anderwärts zu gebrauchen oder dasselbig in der dritten Wochen vollkommenlich, |
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Thomas Kaltenbach, Kirnach, sein Redmann Theuß Schuler, alter Vogt zu Mönchweiler Martin Hackenjoß, sein Vater Hans und Michel, seine Brüder Roman Jäcklin zu Martinsweiler Bartlin Flaig zu Peterzell und Gabriel Lehenmann zu Stockburg, seine Schwäger. |
Auf der Hochzeiterin Seiten: Thoma Stortz, Vogt zu Martinsweiler, ihr Redmann Anderis Rapp, Vogt zu Mönchweiler, ihr Stiefvater Marx Schuler und Michel Kammerer, ihre Pfleger aus Mönchweiler Conradt Vischer, Hans Algi und Michel Link zu Öschingen, item Christian Rosenfelder und Jerg Rieker, beide von Mönchweiler. Actum,
den 23. September 1617 |