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Martin Hakenjos (Person 17.944)


Altersversorgung und Erbrecht

entnommen aus: Wilhelm Hakenjos, Chronik Stockburg, Stadt St. Georgen 1998 S. 121

 

Das bäuerliche Arbeitsleben endete meist um das 60. Lebensjahr. Wer viele Jahrzehnte schwere körperliche Arbeit, dazu vielleicht Kriegswirren und Mißernten überstanden hatte, war in der Ausdrucksweise früherer Zeit "ein alter, abgelebter Mensch", andere waren schon früher, wie es in einem Inventar von 1672 formuliert wurde, "aus diesem mühsamen, vergänglichen Jammertal zur ewigen Freud und Seligkeit abgefordert worden".

Die Übergabe des Hofs an den Hofnachfolger geschah im Beisein des Amtmannes, des Vogts, Vertretern des Dorfgerichts und natürlich aller in Frage kommenden Erben oder deren Vertretern und konnte frühestens nach Vollendung des 58. Lebensjahres erfolgen, es sei denn, Krankheit oder andere Umstände machten eine frühere Übergabe erforderlich. In einem Dokument, dem Kauf- und Leibgedingvertrag, wurde das Ergebnis der Verhandlungen schriftlich festgehalten.

Der Hofnachfolger mußte an den Vorbesitzer den sog. "Kaufschilling" bezahlen, einen freundschaftlichen Preis, der nicht dem tatsächlichen Wert des Hofguts entsprach und der sich um seinen Anteil am Erbe entsprechend ermäßigte. Dazu kam eine sehr detaillierte Aufstellung von Leistungen, zu denen der Hofnachfolger "ad dies vitae", also bis zum Lebensende der Verleibgedingten verpflichtet war. Sie betrafen:

- das Wohnrecht
- Nutzungsrechte an Grund und Boden, auch Obstbäumen- Sachleistungen in Form von Getreide, Eiern und Speck
- Dienstleistungen wie Backen, Waschen, Pflegen
- die Stellung von Fahrnis
- die Sicherstellung von Leben und Eigentum im Kriegsfall.

Diese Leistungen waren notfalls einklagbar und behielten ihre Gültigkeit auch bei einem Besitzwechsel, da sie an den Besitz des Hofes und nicht an Personen gebunden waren.

 

Beispiel eines Kauf- und Leibgedingvertrages aus dem Jahre 1617

Martin Hackenjoß allda verkauft freiwillig und mit amtlichem Zulassen seinem jüngsten Sohn Georgen sein bisher ingehabtes, dem Kloster St. Georgen zins- und gültbares Hof- und Lehengut allda zu Stockburg samt eingehörigen Stücken und Gütern,

item einen dritten Teil Wassers zur Säg- und Mahlmühlen, dasselbige zur Wässerung oder anderwärts zu gebrauchen oder dasselbig in der dritten Wochen vollkommenlich,
item einen dritten Teil an der Sägemühlen und einen vierten Teil an der alten Mahlmühlin, dabei alles, was der Verkäufer ingehabt zwischen:
Jacob Flaigen (Lochbauer), Hans Kammerern (Bergbauer), Bartlin Flaigen (Weisserhof) und des Villingischen Groppershof genannt, aller Orten gelegen.
Und ist der Kauf zugangen und beschehen für und um 2001 Gulden dergestalten, daß, wann Martin Hackenjoß, der Verkäufer, mit Tod oder lebendigem Leib abfahren und dem Käufer (sein Eigentum) überlassen wird, dieser solche Summe auf den nächst darauf folgenden Maientag samentlich und unzertrennt zu erlegen und zu bezahlen schuldig ist.
Daneben ist ferners abgeredt, angedingt und beschlossen worden, daß Verkäufer gedachtem seinem Sohn bis auf den Maientag 1619 in seiner Lehenbehausung Wohnung geben wolle, da es ihm aber länger also beim Vatter zu verbleiben nit beliebig oder der Vatter ihn nit länger gedulden wollte, solle der Vatter lhm dle Mahlmühlin untergeben und er hergegen ihm jährlich 46 Gld. an Geld, und monatlich 1 Viertel Kernen und 1 Sack Mühlstaub reichen, hergegen Verkäufer Dach und Gemach, Käufer aber das laufende Mühlwerk in wesentlichen Ehren erhalten solle.
Weiteres hat Verkäufer für sich und seine liebe Hausfrau ad dies vitae ihr Leben lang folgend Leibgeding, wann er gehörtermaßen vom Hof abfahren würde, vorbehalten:
Als in der Lehensbehausung und beiden Stuben und Stubenkammern die Wahl,
item eine Kammer auf dem Oberboden der Thenn, den unteren Speicher, einen Wandel in Keller und Küche,
item Kalt und Warm, auch alles Holz uff Käufers Kosten vor das Haus,
desgleichen 3 Kühe uff Sommerszeiten uff der Weid, und zur Fütterung derselben den halben Grund an der Sommerhalden zu heuen und zu öhmden,
item, wenn Käufer Vieh ins Öhmd schlagen würde, soll er dem Verkäufer soviel Kühe er hat, die Milche geben, mitlaufen lassen,
item von dem Thenn auf an sauberen Früchten: 2 Malter Roggen und 1/2 Malter Hafer, desgleichen 6 Simri Kernen usser der Mühlen.
item Feld zu 1 Simri Hanfsamen und zu 1/2 Simri Flachs überlassen, die Käufer düngen und zurüsten, der Verkäufer aber den Samen dazu geben soll,
ferner ein Beet im Krautgarten nutzen lassen, wozu Verkäufer die Wahl haben wolle,
und dann
soll Käufer dem Verkäufer jährlich ein gemästetes Schwein, so 10 Gulden wert, oder das Geld dafür, wie es ihm am annehmlichsten, widerfahren lassen.

Actum, den 22. September 1617

Oft fand der Rückzug auf das Altenteil gleichzeitig mit der Hochzeit der jungen Hofnachfolger statt, wie das folgende Dokument belegt:

 

Stockburg

Georg Hackenjoß allda verheiratet sich mit Anna, weil. Christian Flaigen sel. hinterlassener ehelicher Tochter zu Mönchweiler, und solle es ihrer zusammenbringenden Hab und Güter halb, auch falls Kinder erzeugt werden, durchaus bei den allgemeinen Fürsttlichen württ. erneuerten Landrechten gehalten werden. Beiwesend auf des Hochzeiters Seiten:

Thomas Kaltenbach, Kirnach, sein Redmann
Theuß Schuler, alter Vogt zu Mönchweiler
Martin Hackenjoß, sein Vater
Hans und Michel, seine Brüder
Roman Jäcklin zu Martinsweiler
Bartlin Flaig zu Peterzell und
Gabriel Lehenmann zu Stockburg, seine Schwäger.

Auf der Hochzeiterin Seiten:
Thoma Stortz, Vogt zu Martinsweiler, ihr Redmann
Anderis Rapp, Vogt zu Mönchweiler, ihr Stiefvater
Marx Schuler und Michel Kammerer, ihre Pfleger aus Mönchweiler
Conradt Vischer, Hans Algi und Michel Link zu Öschingen,
item Christian Rosenfelder und Jerg Rieker, beide von Mönchweiler.

Actum, den 23. September 1617

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