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Hans Schlenker und der Bauernaufstand 1524/1525
(Ausschnitte aus Benzing, Geschichte eines Grenzdorfes, Seite 111 ff.)
(vermutlicher Bruder von Person 71.808)


Am Samstag, dem 19. November 1524, feierte Vogt Hans Schlenker die Hochzeit seines Sohnes Marx in Dürrheim. Unter den Hochzeitsgästen waren auch drei Bauern aus der Umgebung. Die nahmen den Vogt zur Seite und eröffneten ihm, sie seien Abgesandte aus Baldingen, Biesingen, Öfingen und Tuningen. Man habe in diesen Dörfern beschlossen, künftig die Landsteuer und die Burghut ans Schloß Karpfen nicht mehr zu leisten. Nun wollten sie von ihm wissen, ob die drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen ihnen helfen wollten. Sie seien jedenfalls entschlossen, ihr Leben und ihr Gut dranzusetzen.

Vogt Schlenker gab sich zurückhaltend. Er stellte den Männern vor, wie gering ihre Macht sei gegen "ain gemain landschaft, nit ain federwisch". Er lud sie aber ein, die Woche drauf zu einer schon festgelegten Besprechung der Vögte von Schwenningen, Trossingen und Aldingen zu kommen und dort ihr Anliegen vorzutragen.

Bei der Zusammenkunft in Trossingen am folgenden Dienstag rieten alle drei Vögte den Abgesandten dringend davon ab, ihrer Obrigkeit die Abgaben zu verweigern. Gekommen waren Hans Aubhart von Öfingen, Bläsin Held und Stefan Bernhart von Baldingen, Martin Held von Biesingen, Jacob Buob und Thomius Pfost von Tuningen. Sie vertraten ihre Sache öffentlich vor versammelter Gemeinde, nur Pfost be­hauptete, er habe nicht gewußt, um was es sich handle; er habe einen gnädigen Herrn und wolle ihm gehorsam bleiben. Die Vögte aber erklärten, sie wollten den ganzen Handel ihrem Amt in TuttIingen melden, um nicht in den Verdacht der Mit­wisser­schaft zu kommen. Dagegen hatten die andern nichts einzuwenden, sie standen zu ihrem Entschluß. Sie wollten nun, nachdem die Vögte sich verweigerten, ihre Sachen dem gemeinen Mann in den drei Dörfern selbst vortragen.

Am nächsten Tag ritt Hans Schlenker nach TuttIingen, um dem Obervogt die Vor­kommnisse in Trossingen zu berichten, fand aber nur den Keller dort. Der hörte sich alles genau an und befahl dem Vogt, alles Wichtige sofort dem Amt zu melden. Als Schlenker spät abends wieder heimkam, erfuhr er, daß unterdessen zwei der auf­rührerischen Bauern die Gemeinde zusammengerufen und ihr Anliegen vor­gebracht hatten. Schon kamen auch Oswald Mäder, Hans Hecht und drei weitere Dürrheimmer und wollten wissen, wie sich jetzt die Gemeinde entschieden habe. Schlenker schickte sie wieder fort und hieß sie, ruhig abzuwarten, bis er ihnen Nachricht geben werde. Schon anderntags sandte er Gorius Kornbaas nach Dürrheim und ließ dem Hecht ausrichten, kein Bauer aus den drei großen Flecken wolle mit den Aufständischen ziehen. Mäder und Hecht ließen aber nicht locker und verlangten abermals, die Schwenninger sollten ihnen zu Hilfe kommen; auf Schlenkers Rat lehnten diese wiederum ab.

Während dieser Zeit kam es zu weiteren Unruhen im Bregtal und in der TuttIinger Gegend. Vogt Schlenker ließ dem Obervogt durch einen Boten ausrichten, daß Oswald Mäder ohne des Vogts Wissen die Gemeinde zusammengerufen, bei dieser aber keinen Beistand gefunden habe. Vier Tage später, am 29. November 1524, lud Hans Müller den Vogt ein, zu ihm in das Tuninger Vogtshaus zu kommen. Schlenker nahm zehn Schwenninger Bauern mit. Sie hatten eine lange Besprechung mit dem Hauptmann; auch Hecht und Mäder waren zugegen. Müller erklärte, er könne nicht den Vermittler spielen zwischen den Stühlinger Bauern und denen auf der Baar, aber er wolle sie nicht im Stich lassen und ihnen helfen, soweit sein Rat, sein Leib und sein Leben dazu ausreichten und soweit sie recht hätten und ihr Recht begehrten. Schlenker aber warnte die anwesenden Bauern der Baar noch einmal ein­dringlich; er sagte "Blut fordert wieder Blut!" Darauf gingen die Schwenninger wieder heim.

Nun spitzte sich die Lage zu. Am 14. Dezember 1524 kam es zu der ersten Bluttat, indem Rudolf von Ehingen mit 400 Mann und fünf Geschützen von Villingen nach Donaueschingen zog und dort zahl­reiche Bauern erstach. Villingen galt fortan als "Mördergrub".

Dieses Geschehen und die anschließende Gefangennahme von fünf Vögten aus dem Brigachtal müssen Vogt Schlenker völlig umgestimmt haben. Zwar wurden die Vögte am nächsten Tag wieder freigelassen, aber Schlenker galt bei der österreichischen Regierung offenbar als einflußreicher und gefährlicher Mann, sonst hätten die maßgeblichen Leute nicht den Rudolf von Ehingen beauftragt, ihn noch vor Weihnachten einzusperren. Versuchen wir zu verstehen, was in Schlenkers Seele vorging. - Noch zwei Wochen vor der Bluttat in Donaueschingen hatte er zu Frieden gemahnt und die Bauern mit aller Kraft davor gewarnt, sich am Aufruhr zu beteiligen. Er hatte sogar dem gleichen Keller, der ihn nachher gefangen nehmen sollte, alle Umtriebe in den Dörfern ringsum gemeldet.

Es ist nicht bekannt, wie lange Hans Schlenker gefangen gehalten wurde. Fest steht, daß er am 17. Juli 1525 noch im Gefängnis saß, vermutlich in Villingen im "nidern keffid".

Während des sogenannten Bauernkrieges hatten die Villinger am 20. Juni 1525, zwischen 10 und 11 Uhr, das Dorf angezündet; dabei brannte Schwenningen bis auf drei kleine Häuser nieder, 122 Häuser brannten ab. Auch die beiden Kirchen, die Michaelskirche und die Vinzenzkirche (heute Stadtkirche) wurden ein Raub der Flammen, ebenso das Pfarrhaus.

Die Anklageschrift, verfußt von Rudolf von Ehingen in einem Bericht an die Regentschaft in Stuttgart sowie die Verteidigung des Vogtes nebst einem Begleitschreiben des Abt Nicolaus von St. Georgen (entnommen dem Schwenninger Urkundenbuch) lautet wie folgt:

 

22. Dezember 1524
Vogt Schlenker soll gefangen werden
(Bericht Rudolfs von Ehingen an die Regentschaft in Stuttgart)


Was endlich die Sache mit dem Vogt von Schwenningen betrifft, die Ihr in Euerm Schreiben von Aldingen anführt, so haben die Leute, die ich ausschickte, wahrhaftig nicht aus Bequemlichkeit so gehandelt. Soweit ich verstehen muß, haben sie dabei den höchstmöglichen Eifer und Ernst bewiesen und nichts versäumt. Ich habe zu gegebener Zeit 12 ausgerüstete Reiter und 40 Fußknechte losgeschickt und ihnen den Keller von Tuttlingen als Anführer zugeordnet, von dem ich bisher nichts anderes ermitteln konnte, als daß er die Sache gewissenhaft und gut geplant habe. Ich befahl ihm, besagten Vogt gefangen zu nehmen und ihn unverzüglich hierher zu bringen.

Als sie dann fast bis zum Dorf gekommen waren, bekamen die Bauern Wind davon und schlossen siech alsbald zusammen, mit Waffen und Harnischen ausgerüstet. Sie läuteten Sturm, besetzten den Kirchhof und standen dort bereit in vorteilhafter Stellung. Als der Keller dies sah, ritt er zu ihnen hin und fragte sie, was es zu bedeuten habe, daß sie sich so sehr erregten. Darauf erwiderten sie, es sei ihnen gemeldet worden, daß ein Kriegshaufe daherziehe. Weil aber die Zeitläufe bedenk­lich und unklar seien und sie nicht wissen konnten, wer da komme, hätten sie sich zusammen getan, um sich und ihr Eigentum zu schützen und zu bewahren.

Darauf habe der Keller zu ihnen gesagt, er sehe es gern, daß sie so sorglich seien und erklärte ihnen weiter, wenn Euer Gnaden ehrliches Kriegsvolk zu Roß und Fuß nach Tuttlingen befohlen habe, so sei das lediglich in der guten Absicht geschehen, sie alle vor Schaden zu bewahren, damit die Braven und die Gehorsamen beschützt und unterstützt und die Zuchtlosen und Ungehorsamen bestraft würden. Falls es sich nun ergebe, daß sie etwa solch einen Zuchtlosen unter sich hätten, sollten sie sich ja vorsehen und denselben bestrafen.

Darauf hätten sie Bedenkzeit begehrt, sich untereinander besprochen und dem Keller durch den Schwenninger Vogt (welcher mit seiner Büchse an der Spitze des Haufens stand zwischen zwei seiner Söhne, die ihm mit ihren Spießen und in voller Rüstung zur Seite traten) folgende Antwort geben lassen: Sie wollten sich in allen Dingen als gehorsame Untertanen erweisen; falls sie aber jemand unter ihnen hätten, der das Recht verletzt, dem wollten sie es nicht durchgehen lassen, sondern das Recht schützen. Wenn sich aber Tuttlingen und das ganze Oberamt einig seien, wollten sie auch mitmachen.

Da nun die Bauern in aller Stärke und in ihrer vorteilhaften Stellung beisammen hielten, und überall Sturm geläutet wurde, überdies das Dorf Schwenningen eine weite Wegstrecke, - mehr als zwei große Meilen -, von Tuttlingen entfernt liegt, und unsere Kriegsknecht angestrengt marschiert und sehr müde waren, konnte der Keller nichts Sinnvolles ausrichten und zog unter einem Vorwand weiter, wie ich in meinem vorigen Schreiben angegeben habe.

Ob nun dieser Vogt noch im Dorf ist, und wie sich die Bauern seither in ihren Reden oder sonstwie verhalten haben, kann ich zur Zeit noch nicht sagen. Ich habe aber weitere Nachforschungen anstellen lassen, um alles aus erster Hand und zuverlässig zu erfahren; und sowie ich etwas erfahre, will ich es Euer Gnaden sofort schriftlich mitteilen.

Insgesamt aber schätze ich, daß die Mehrzahl der Bauern im ganzen Amt Tuttlingen, außer im Flecken Neuhausen, unfolgsam sind und in dieser Sache wenig bei ihnen auszurichten ist, auch kein großes Vertrauen in sie gesetzt werden kann. Ich denke aber, daß sie sich allein wähnen und folglich zusehen werden, ob die andern Bauern mit ihrem aufrührischen Tun fortfahren wollen oder nicht. So man also gegen den Schwenninger Vogt und seine Anhänger etwas unternehmen wollte, müsste es mit Gewalt und mit allem Ernst geschehen. Doch rate ich aus gutem Grund (weil überall die Unruhe noch in den Leuten steckt), daß man solches nicht jetzt und überstürzt tue, sondern bei gelegener Zeit und dann mit ganzer Macht, damit sie hernach nicht ungestraft davonkommen.

Dies alles habe ich Euer Gnaden in Freundschaft auf Euer Schreiben nicht vorenthalten wollen.

Meine gnädigen Herren! - Des weiteren sind gestern nacht spät um 7 Uhr hier nach Stockach gekommen: Herr Christoff Fuchs und Doctor Jacob Frankfurt, desgleichen um 9 Uhr vormittags heute Herr Jörg Truchseß und Freiherr Schwicker von Gundelfingen als Beauftragte der Regierung von Innsbruck. Dann ist heute außerdem hier in Stockach der Bürgermeister von Villingen angekommen; dieser brachte Briefe und Schriftstücke mit, welche Euer Gnaden hier inliegend zur Kenntnis nehmen wollen.

Des weiteren ist mir zu dieser Stunde Nachricht gebracht worden, daß dieser Vogt von Schwenningen ... (Rest unleserlich, von fremder Hand geschrieben).

 

17. Juli 1525
Vogt Schlenkers Verteidigung
(mit Begleitschreiben von Abt Nikolaus von St. Georgen)


Seinem wohlgeborenen, edlen, gestrengen, hochgelehrten und ehren festen Herrn, dem Statthalter unseres allergnädigsten Herren, des Prinzen und Erzherzogs Ferdinand U5W. dem Statthalter und dem Regiment im Fürstentum Württemberg usw., unsern gnädigen und gewogenen Herren.

Wohlgeborene, edle, gestrenge, hochgelehrte und ehren feste, gnädige und gewogene Herren. Eure Gnade und Gewogenheit seien das Anliegen meines andächtigen Gebets zu Gott; es möge ihm verraten, was meine Verehrung und meine Liebe vermögen.

Gnädige Herren, - noch bevor ich mein Gnadengesuch wegen des Hanns Schlenngker, Vogts zu Schwenningen und Leibeigenen meines Gotteshauses, einreichte, haben mir gegenüber unser Herr und Freund, der Kanzler, und einige Herren der Regierung schriftlich ihre Meinung geäußert, daß Ihr es wohlwollend aufnehmen würdet, wenn besagter Vogt alle seine Maßnahmen schriftlich genau darstellen und schildern und dann in die Kanzlei übersenden würde, - nämlich, was er mit den aufrührerischen Bauern unternommen, geredet, getan, beratschlagt und sich verschworen hat und sie ihrerseits mit ihm. Das habe ich ihn vorbringen lassen. Darauf ließ ich alle seine Taten, wie und was er mit den Bauern und sie wiederum mit ihm getan, zu Papier bringen, wie das nun Euer Gnaden aus dieser seiner inliegenden Bittschrift vernehmen werden, usw.

Demnach bitte ich nun freundlichst und inständig, daß Ihr den Bericht über sein Tun und Lassen in Gnaden anhöret, ihn begnadigt und aus seinen Sorgen entlasset, damit er wieder seinen Haushalt führen und bei seinem Weib und seinen Kindern bleiben kann. Dies hoffe ich durch Dienstwilligkeit und Untertänigkeit verdient zu haben. Mit der Bitte um eine gnädige Antwort

gegeben am Montag nach Hilarius 1525   Nikolaus, Abt zu St. Georgen
    im Schwarzwald, usw.
 
Wohlgeborene, edle, gestrenge, hoch gelehrte und ehren feste gnädige Herren. Euer Gnaden wollen die Verteidigung eines Armen und die Bittschrift, welche Ihro Gnaden. mein gnädiger Herr von St. Georgen meinetwegen verfaßt hat, in Gnaden anhören. Was ich jetzt vorbringe, wird (so Gott will) die Wahrheit an den Tag legen.

Erstens: Ich habe meinen Sohn Marx mit einem Weib in Dürrheim auf der Baar verheiratet. Bei seiner Hochzeit sind zu mir gekommen: Gallin aus Biesingen, Steffen Bernhart aus Baldingen, und einer namens Thoma, von dem ich nicht weiß, aus welchem Flecken er kam. Sie sagten mir, sie seien von den Gemeinden zu Biesingen, Baldingen und Öfingen beauftragt worden, einer bestimmten Sache wegen mit mir zu reden. Sie fragten mich, ob ich Zeit hätte, sie anzuhören. Ich tat es.

Ferner: Sie berichteten mir zuerst, daß Tuningen, Öfingen, Baldingen und Biesingen untereinander beraten, entschieden und gemeinsam beschlossen hätten, daß sie in Zukunft die Landsteuer und auch die Burghut für Schloß Karpfen samt einigen andern Lasten nicht mehr tragen wollten. Und nun wollten sie gern wissen, wie sich die drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen dazu stellten, und ob sie ihnen dabei Hilfestellung leisten würden oder nicht. Denn sie hätten sich vorgenommen, ihr Anliegen durchzudrücken und Leben und Gut daran zu setzen.

Ferner: Darauf gab ich ihnen Antwort und sagte: Liebe Freunde und Genossen. Ihr tragt mir da eine merkwürdige und schwierige Sache vor. Ich weiß nicht, was ich euch raten soll, denn ein Streit ist leicht anzufangen, aber schwer zu einem guten Ende zu führen, außer wenn Gott uns Glück schenkt. Die gemeinen Landstände werden sich einmischen; ihr seid zu schwach für eine solche Sache und gegen die gemeinen Landstände nicht soviel wie ein Federwisch. Darum bedenkt euch wohl und handelt wie brave, rechtschaffene Leute. Ich vertraue auf euch. Ferner Sie gaben mir darauf zur Antwort, sie seien sich in ihrem Handeln einig, sie hätten sich darüber beraten; sie wollten ihren Entschluß durchsetzen und Gut und Blut daran wagen. Sie begehrten von mir einen Rat und wollten von mir wissen, was sie von den erwähnten Flecken erwarten könnten.

Ferner: Darauf erwiderte ich, sofern ihnen etwas daran gelegen sei, sollten sie den nächsten Dienstag nach Trossingen kommen. Dort könnten sie die drei Vögte der erwähnten drei Flecken, anderer Dinge halber, beisammen finden und denen ihr Anliegen vortragen. Das wollte ich ihnen weder zuraten noch verwehren.

Ferner: Weil mir nun diese Mitteilung ganz und gar nicht gefiel, rief ich Hans Hecht, den Dürrheimer Wirt, und Oswald Mäder aus Rietheim im Brigachtal, denen ich besonders vertraute, zu mir in die Kammer des Wirts, um die Sache zu besprechen und möglichst loszuwerden. Ich legte ihnen die Streitsache vor und bat sie um Rat, wie man die erwähnten Flecken von ihrem Vorhaben abbringen könnte. Ich sagte ihnen auch, daß jene gewillt seien zu erkunden, ob Schwenningen, Trossingen und Aldingen bereit seien, ihnen bei ihrem Vorhaben beizustehen und zu helfen.

Ferner: Darauf antwortete mir der Hecht, das sei ein schwieriger Handel und er könne mir da keinen Rat gehen. Es sei leicht, einen Streit anzufangen, aber schwer, ihn zu einem guten Ende zu führen.

Ferner: Darauf erwiderte ich ihm, es sei wohl zu vermuten, daß das Vorhaben nicht durchgesetzt werden könne, selbst wenn die drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen mitmachen würden, denn es sei ein größerer Widerstand zu erwarten, als ihn die Stühlinger Bauern hatten ­Außerdem würden diese Bauern sich nicht um ihretwillen belasten, denn sie seien gegen die Dorfordnung (?).

Ferner: Darauf sagte Oswald Mäder: Haben sie den Streit angefangen, so sollen sie ihn tapfer durchdrücken und treu zueinander stehen. Er wolle wohl auskundschaften, ob der Hauptmann von Bonndorf die Bauern auf der Baar in der Patsche sitzen lassen werde. Das werde er dann am nächsten Dienstag in Trossingen mitteilen. - Auf dieses hin ging ich von ihnen weg, da mir diese Ratschläge nicht gefielen. Ich betrieb die Sache also nicht weiter, sondern beschloß bei mir selbst, die Vögte von Trossingen und Aldingen zu mir zu bitten, ihnen die Sache vorzutragen und gebührend davon abzuraten, um sie vor Aufruhr zu bewahren; es sollte den erwähnten Aufrührern kein Beistand geleistet werden. So handelte ich denn getreu meiner Verpflichtung und bewahrte die drei Dörfer vor Aufruhr Zu meinem Zeugnis berufe ich mich auf die beiden Vögte, auf den Pfarrer und auf andere rechtschaffene Personen zu Trossingen.

Ferner: An dem erwähnten Dienstag erschienen zu Trossingen vor mir und den andern Vögten und vor aller Öffentlichkeit: Hans Auberhart von Öfingen, Bläsin Held und Steffen Bernhart von Baldingen, Martin Held von Biesingen und Jacob Ferner: An dem erwähnten Dienstag erschienen zu Trossingen vor mir und den andern Vögten und vor aller Öffentlichkeit: Hans Auberhart von Öfingen, Blasin Bub von Tuningen, auch Anton Pfost von Tuningen. Sie erklärten, sie seien von den Flecken auf der Baar beauftragt worden. den Amtleuten und den drei Dörfern Schwenningen, Trossingen und Aldingen ihre Absicht vorzutragen.

Ferner: Sie teilten mit, daß sie von den Baardörfern zu uns und den drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen gesandt worden seien. Sie trugen uns folgendes vor und sprachen: Ihr Amtleute, wir sind uns in der Bauernschaft einig geworden, und haben beschlossen (das erklären wir Euch öffentlich und sagen es nicht in irgendeinen Winkel hinein und wollen das auch nicht verbergen), daß wir inskünftig die Landsteuer und die Burghut für Schloß Karpfen und etliche andere Abgaben nicht mehr bezahlen wollen. Und nun sind wir da, um von Euch zu erfahren, ob Ihr uns dabei helfen und beistehen wollt und wessen wir uns von Euch zu versehen haben. Denn falls Ihr uns die Hilfe abschlagen werdet. was wir allerdings nicht glauben, so haben wir uns vorgenommen, unser Vorhaben allein durchzusetzen. Daran wollen wir unser Leib und Gut setzen.

Ferner: Darauf sagte Anton Pfost, der mit ihnen in Trossingen erschienen war: Liebe Freunde, ich habe von euern Beratungen und von euern Plänen überhaupt nichts gewußt. Ich will mich auch nicht daran, beteiligen. Ich habe einen gnädigen Herrn, dem will ich gehorchen und so handeln, wie es auch meine Vorfahren bisher gehalten haben. Ich will mit Euern Händeln in keiner Weise zu tun haben. Hätte ich davon gewußt, so wäre ich daheim geblieben.

Ferner: Danach stand ich, Hanns Schlencker, in eigener Person auf und sagte, ohne vorherige Rücksprache mit anderen Leuten: Liebe Freunde, Ihr habt neulich in Dürrheim mit mir über diese Angelegenheit gesprochen. Ich habe Euch damals aufrichtig davon abgeraten und habe Euch gesagt. daß Ihr zu schwach seid für solche Handel. Ihr solltet davon absehen und so handeln, wie es rechtschaffenen Leuten geziemt; Ihr dürft keinen Streit anfangen. Nun sei es wieder meine allerherzlichste Bitte, sie möchten sich abermals raten lassen von mir, und so. als ob sie meine Brüder und Kinder wären. sie möchten doch von ihrem Vorhaben zurücktreten; sie möchten an ihre Ehre, ihr Leben und ihren Besitz denken, denn es sei zu besorgen, daß sie ihr Vorhaben nicht durchsetzen könnten. Falls sie aber meinem Rat nicht folgen wollten, bäte ich sie, mich mit den andern Amtleuten besprechen zu dürfen.

Ferner: Darauf stellten wir drei Dorfvögte von Schwenningen. Trossingen und Aldingen uns zusammen, beredeten die Lage, die uns absonderlich und schwierig vorkam, und da wir uns keinen Rat wussten, zogen wir fünf oder sechs rechtschaffene Leute aus dem Flecken Trossingen hinzu, legten auch denen die Sache und den Plan vor und baten sie um Rat, wie man die Sache unterdrücken und den Plan zurückweisen könnte. Wir suchten nach einem Weg, wie und womit wir die drei Dörfer in Ruhe halten könnten, daß sie nicht auch in Aufruhr gerieten. Darauf entschlossen wir uns zur Antwort und sagten den Abgesandten dasselbe. was ich ihnen schon vorher gesagt hatte: Wir baten und warnten. Wir deuteten aber an, daß wir ihnen keine endgültige Antwort geben könnten, weil wir uns mit den Gemeinden der drei Dörfer deswegen noch nicht besprochen hätten.

Ferner: Über diese Antwort hinaus haben wir, die drei Dorfvogte. weiter mit ihnen geredet und gesagt: Liebe Freunde. es ist unsere allerfreundlichste Bitte, ihr wöllet von Eurem Plan ablassen. wöllet Eure Ehre, Euer Gut und Leben ebenso bedenken wie Eure Weiber und Kinder und wöllet handeln wie rechtschaffene, brave Leute, denn Ihr wißt sehr wohl, daß niemand hinter dem Rücken der Obrigkeit heimliche Beratungen abhalten darf, - bei Strafe des Leibes, der Ehre und seines Hab und Guts. Und wenn Ihr nicht davon lasset, werden wir es unserer Obrigkeit anzeigen, wie wir zu tun schuldig sind.

Ich, Hanns Schlencker, werde morgen nach Tuttlingen gehen und werde die Sache der Obrigkeit nicht vorenthalten. Darnach könnt Ihr Euch richten.

Ferner: Darauf gaben sie zur Antwort, sie hätten die Sache angefangen und wollten sie auch zu Ende führen; daran wollten sie ihr Leben. ihre Ehre und ihr Gut wagen. Sie ver1angten auch nicht, daß ihre Sache verschwiegen werde, denn sie handelten nicht in einem verborgenen Winkel. Und falls sie von uns keine andere Antwort als die schon gegebene bekämen, so wollten sie ihre Werbung und ihren Plan in den drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen der Allgemeinheit vortragen und erklären.

Ferner: Nach all dem bin ich, Hanns Schlenker, des andem Morgens nach Tuttlingen geritten, habe nach dem Oberamtmann gefragt, der aber nicht aufzufinden war, ging deswegen zum Keller, den ich zu Hause trat schilderte ihm ausführ1ich alle Vorkommnisse, wie sie oben dargestellt sind, und wurde von ihm sofort abgefertigt, so daß ich noch am selben Tag heimreiten konnte. Er gab mir den Befehl, falls sich diese Sache weiter entwickeln und weiter einreißen würde, sollte ich sofort dem Tuttlinger Amtmann Bescheid geben.

Ferner: Am selben Tag, an dem ich nach Tuttlingen ritt, bildeten die aufrührerischen Bauern einen Auschuß, schickten in jedes der drei Dörfer zwei Mann und diese redeten mit der versammelten Bauernschaft über ihren Plan.

Ferner: Nach der Abfertigung durch den Keller kam ich abends spät um die neunte Stunde heim. Und als ich eben zu Abend essen wollte, kamen von den aufrüherischen Bauern in mein Haus: Oswald Mäder von Rietheim, der Hecht, das Heinrichle, das Bästle und der junge Conrad Bannwart, alle vier von Dürrheim. Sie hatten an diesem Tag ihre Botschaft in die drei Dörfer getragen und nun wollten sie von mir wissen, wozu sich die drei Gemeinden entschlossen hätten.

Ferner: Darauf gab ich ihnen zur Antwort, ich sei erst von Tuttlingen gekommen und könne unmöglich wissen, was die drei Gemeinden beraten hatten. Sie sollten nach Hause gehen, sich ruhig verhalten und keinen Aufruhr machen. Am nächsten Tag wolle ich ihnen Botschaft zukommen lassen, wozu sich die drei genannten Dörfer entschlossen hätten. Darauf gingen sie weg und versprachen mir, sie wollten sich bis zu meiner Botschaft ruhig verhalten.

Ferner: Am andern Morgen ließ ich durch Gorius Komhas von Schwenningen dem Hecht in Dürrheim ausrichten, er sollt sich ruhig verhalten und keinen Aufruhr machen, denn es wolle kein Mann aus den drei Flecken Schwenningen, Trossingen und Aldingen mitmachen. Er solle dies auch sofort dem Oswald Mäder ins Brigachtal melden.

Ferner: Darnach schickten besagter Oswald Mäder und der Hecht mit ihrem Anhang mir wieder Botschaft nach Schwenningen; sie forderten abermals die Gemeinde zu Hilfe und Beistand auf. Auf meinen Rat hin lehnten die Schwenninger diese Aufforderung erneut ab. Sie erklärten, sie wollten sich an keinem Aufstand und an keinem Ungehorsam beteiligen.

Ferner: Nach all dem schickte ich Conrad Mock von Schwenningen zum Oberamtmann nach Tuttlingen. Ich ließ ihm melden, daß Oswald und sein Anhang ohne mein Wissen die Gemeinde aufgesucht, bei dieser aber weder Hilfe noch Beistand gefunden hatten.

Ferner: Nachdem wurden sie auf der Baar und im Brigachtal rebellisch und zogen nach Tuningen. Hanns Müller Oswald Mäder und der Hecht ließen mir ausrichten, ich solle zu ihnen nach Tuningen kommen. Das tat ich und nahm an die zehn Männer von Schwenningen mit mir, damit diese mit anhören konnten, was jene mit mir verhandeln wollten. *1)

Ferner: Darauf ging ich mit den erwähnten Leuten von Schwenningen in das Vogtshaus in Tuningen. Ich schickte nach dem Hauptmann, nach Oswald Mäder und dem Hecht. Sie kamen, und ich fragte sie, was ihr Begehren sei und warum sie nach mir geschickt hätten.

Ferner: Darauf hielt mir Hanns Müller, der Hauptmann, einen langen Vortrag, redete mit mir über den Plan der Bauern und sagte, er könne nicht den Vermittler spielen zwischen ihnen und den Stühlinger Bauern, könne sie nicht unter dieselbe Decke stecken, aber er wolle sie nicht im Stich lassen, soweit seine Hilfe, sein Rat, sein Beistand, sein Leib und sein Leben dazu ausreichten, und soweit sie nach Recht verlangten und recht hätten.

 

Ferner: Darauf berichtete ich dem Oswald Mäder und dem Hecht über alle obgenannten Vorgänge und sagte; Blut fordert wieder Blut. Ich habe Euch doch melden lassen, daß niemand in den drei Dörfern sich mit Euch belasten will. Warum seid Ihr nicht ruhig geblieben? - Das verlief alles, wie es hier steht, und es haben mir weder Oswald Mäder noch der Hecht vor dem besagten Vogt und vor den Schwenningern widersprochen.

Und nun, gnädige Herren, meine alleruntertänigste Bitte und Beschwörung: Ihr wollet mein hier geschildertes Tun und meine Rechtfertigung gnädig anhören, mich in Gnaden zu meinem Weib und meinen Kindern zurückkehren lassen und alles in Gnaden bedenken. Ich will mich untertänig und dienstwillig darum bemühen, Gehorsam zu leisten. Denn mein ganzes Tun ist nicht aus böswilliger Haltung entsprungen, vielmehr habe ich mich stets pflichtschuldig darum bemüht, Aufruhr und Ungehorsam zu verhüten. Das können alle Schwenninger bezeugen, ebenso die beiden Vögte von Trossingen und Aldingen. Ich hoffe auf gnädigen Bescheid.

 
am Montag nach Hilanus 1525   Hanns Schencker
    Euer Gnaden untertänig dienstwilliger
Vogt zu Schwenningen
 
*1) Laut Hugs "Villinger Chronik", Seite 105, war diese Zusammenkunft am 29.11.1524
 
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