Die Herren von Kürneck als Schutzvögte der Vinzenzkirche in Schwenningen


Im Jahre 1265 stritten sich die Chorherren des Großmünsters Zürich mit den Herren von Kürneck. Die Herren von Kürneck, dies waren Ritter Hugo von Kürneck und seine Söhne Hugo, Heinrich und Burkhard. Sie waren Vögt in Schwenningen und Schutzherren der Vinzenzkirche. Die Schwenninger Bauern mußten jeweils im Mai und im Herbst ihren Zehnten an das Großmünster in Zürich liefern. Die Herren von Kürneck waren als Schutzherren verpflichtet, diese Transporte zu begleiten. Dafür erhielten sie eine Entschädigung, das sogenannte "Leitkorn". Die Kürnegger klagten nun, die Chorherren seien ihnen das Leitkorn schon zehn Jahre lang schuldig geblieben, und wollten es deshalb ihren Eigenleuten, d.h. den Schwenninger Bauern, aufbürden. Diese klagten ihrerseits, daß ihnen die Herren von Lupfen Schaden zugefügt hatten. Vermutlich hatten die Lupfener den Wagenzug behindert und vielleicht sogar beraubt. Genaues läßt sich heute jedoch nicht mehr feststellen. Auf jeden Fall mußten der Vertreter des Züricher Propstes, der Kanonikus C. de Vischetal den Rechtsanspruch der Kürnegger als Schirmvögte der Vinzenzkirche anerkennen. Er sicherte außerdem die Nachlieferung der ausstehenden Korngebühren zu und entschädigte die Schwenninger Bauern.
 

Die Urkunde hat folgende Text


Allen, welche die vorliegende Urkunde einsehen wollen, erklären wir, Ritter Hugo von Kürneck und die Gebrüder Hugo, Heinrich und Burkhard von Kürneck, als Schirmvögte von Schwenningen, mit dieser Urkunde: Damit nicht irgend jemand später Klagen oder Ausflüchte suchen kann, wird folgendes Gerichtsurteil auf immer festgeschrieben. Es mögen also Zeitgenossen und künftige Generationen erfahren, daß nach einem Streit zwischen dem ehrwürdigen christlichen Propst und dem Kapitel der Kirche in Zürich einerseits und uns, den Leuten in Schwenningen andererseits um das sogenannte "Leitkorn", das man uns schuldet, und um den Ersatz der Verluste, welche den Schwenningern durch die Edlen von Lupfen zugefügt wurden, folgendermaßen entschieden wurde: In Anwesenheit vieler rechtschaffender und ehrenhafter Leute aus Villingen hat uns Herr von Vischetal, Kanonikus der Kirche zu Zürich, bevollmächtigter Rechtsvertreter des erwähnten Propstes und seines Kapitels, unseren Weizen, das sogenannte "Leitkorn", das uns bis jetzt zehn Jahre lang verweigert worden ist, vollständig bezahlt, und wzar so, daß wir gegen den Propst und sein Kapitel nichts weiter unternehmen wollen. Auch sind den obengenannten Schwenninger Leuten die Verluste ersetzt worden, welche ihnen die Edlen von Lupfen zugefügt haben.

Als Beweis für diese Sache übergeben wir dem obengenannten Propst und seinem Kapitel die vorliegende Urkunde, versehen mit dem Siegel des ehrenwerten, christlichen Herrn Ruom, des ehemnaligen Oberaufsehers in Schwenningen, weil wir kein eigenes Siegel haben. Wir, die Obengenannten, haben in Erinnerung an die Entschädigung, die uns geleistet wurden, darum gebeten, daß eben diese Urkunde mit dem Siegel des erwähnten Herren Ruom bekräftigt werde, wobei wir, die Schirmvögte und die schon genannten Leute zu Schwenningen auf jeglichen Rechtsstreit, Rechtsanspruch und überhaupt jegliche Forderung verzichten, die uns aufgrund des Vorausgeschickten etwa noch zustehen könnten oder müßten.

Anwesende Zeugen bei diesem Streit sind: Der vorher erwähnte Ruom; Pfarrvikar Burkhard von Schwenningen; Johannes, Pfarrherr der Schwenninger Kirche; C., ehemaliger Schultheiß - Burkhard, genannt Buzzer -, C., genannt Husiler -, Ludfried, genannt Hagilstein -, und mehrere andere Bürger von Villingen. Besiegelt wurde diese Urkunde auf dem Friedhof Villingen im Jahre des Herrn 1265, am 3. Januar, im 8. Jahr der Steuereinschäftzng."

Sechs Jahre später, im Jahre 1271, waren die Züricher Chorherren ihrer umfangreichen Güter zu Schwenningen endgültig überdrüssig geworden, obwohl sie ihnen im Lauf von nahezu 400 Jahren reichen Gewinn abgeworfen hatten. Aber die Zeiten waren unsicher geworden, und die Ritter von Kürneck vermochten offenbar den langen Verbindungsweg nach Zürich nicht mehr ausreichend zu schützen. Im Tausch kam die Vinzenzkirche (samt ihren eigenleuten und deren Dienstboten, samt den Zehnten und Gülten, den Vollhöfen und den Teilhöfen, den bebauten und den unbebauten Äckern, den Wiesen und Weiden, den Wäldern und Wasserläufen, mit allen rechten und Dienstbarkeiten) an den Bischof zu Konstanz.

Nach dem 1271 erfolgten Tausch sind die Herren von Kürneck nicht mehr als Vögte von Schwenningen in Erscheinung getreten.